Neue Leitlinien zur Wiederbelebung veröffentlicht

Puls – Verein zur Bekämpfung des plötzlichen Herztodes hat am 29. März 2021 in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien – Univ. Klinik für Notfallmedizin (MUW) und der Berufsrettung Wien (MA 70) im Sinne des Wissenstransfers ein Webinar zu den Neuerungen der Leitlinien des Europäischen Rates für Wiederbelebung angeboten. Über 3.200 Anmeldungen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz haben das hohe Interesse an diesem wichtigen Thema widergespiegelt.

Rund 3.000 Menschen sterben jedes Jahr in Wien am plötzlichen Herztod. Viele könnten gerettet werden, wenn frühzeitig mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen wird. Das machen auch die aktuellen internationalen Leitlinien zur Wiederbelebung einmal mehr deutlich: Es kommt auf die ersten Minuten an! „Jede Minute zählt! – Das ist nur dann möglich, wenn auch mehr Laien mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen und zwar noch bevor die Rettung eintrifft“, ist Prof. Harry Kopietz, Präsident von Puls überzeugt. „Mein Dank gilt daher ganz besonders den Vortragenden, dass sie sich dafür einsetzen. Mit Hochdruck wurde dieses Webinar zu den neuersten Leitlinien umgesetzt, um das aktuelle Wissen so rasch und so gut erklärt wie möglich einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“

Dozent. Dr. Patrick Sulzgruber (MedUni Wien | wissenschaftliche Projektleitung Puls) moderierte das Webinar und erklärte eingangs, dass der Europäische Rat für Wiederbelebung alle fünf Jahre wissenschaftlich fundiert die international geltenden Leitlinien für Wiederbelebung aktualisiert. Insofern sei eine rasche Wissensverbreitung notwendig, um die Laienreanimation entsprechend voranzutreiben. Wesentlich sei jedenfalls: kräftig und schnell ohne Unterbrechung auf den Brustkorb zudrücken und wenn möglich auch Laien-Defi einzusetzen.

Dr. Mario Krammel (Chefarzt der Berufsrettung Wien | geschäftsführender Präsident Puls) zeigte sich erfreut, dass in Wien immerhin bereits 65 % der Reanimationen der raschen Ersthilfe durch Laien zugeordnet werden kann. Dennoch gäbe es noch Luft nach oben, denn international gesehen liege in manchen Ländern die Quote bei über 80 Prozent,  so Krammel weiter.

Gutes noch besser machen!

Erweitert wurden die bereits in Fachkreisen für hochentwickelt angesehenen Leitlinien in den Bereichen „Epidemiologie“ und „Systeme, die Leben retten“. Damit besteht dieses Regelwerk nun aus elf Kapiteln, die detailliert und umfassend die gesamte wissenschaftliche Basis und die daraus abgeleiteten Therapieempfehlungen darlegen. Die Kapitel lauten: Epidemiologie |  Systeme, die Leben retten | Basismaßnahmen zur Wiederbelebung Erwachsener (BLS) | erweiterte Reanimationsmaßnahmen für Erwachsene (ALS) | Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen | Postreanimationsbehandlung | Erste Hilfe | Die Versorgung und Reanimation des Neugeborenen nach der Geburt (NLS) | lebensrettende Maßnahmen bei Kindern (PLS) | Ethik.

Dr. Matthias Müller (Univ. Klinik für Notfallmedizin MedUni Wien) erläuterte im ersten Vortrag den Leitlinienprozess und sprach darüber, wie Guidelines generell entstehen. Dabei gab er einen kurzen historischen Überblick und stellte dann die wissenschaftlichen Verfahren näher vor.

Dr. Mario Krammel zeigte die aktuellen Neuerungen der ERC-Leitlinien, die am 25. und 26. März 2021 beim ERC-Online-Kongress vorgestellt wurden, im Einzelnen auf. Sein Credo lautet daher: „Auch deine Hände können Leben retten!“ Insofern sei es wichtig, die Aufklärungsarbeit fortzusetzen, wie beispielsweise die konsequente Umsetzung von strukturierten Reanimationstrainings an Schulen. Aber auch die professionelle Anleitung in Wiederbelebung über Telefon durch die Rettungsleitstelle, das Etablieren von Ersthelfersystemen wie der LebensretterApp oder aber dem Definetzwerk (www.definetzwerk.at) würden eine wichtigen Beitrag leisten und dabei unterstützen, dem plötzlichen Herztod entgegentreten und zu mehr Überlebenden mit gutem neurologischem Outcome beitragen.

Dr. Alexander Nürnberger (Univ. Klinik für Notfallmedizin MedUni Wien) sprach im dritten Vortrag „Advanced Life Support – alles neu oder doch ein alter Hut?“ über den Algorithmus der erweiterten Reanimationsmaßnahmen bei Erwachsenen, die aktuellen Empfehlungen zu Defibrillation, Atemwegssicherung und Medikamentengabe im Kreislaufstillstand sowie die Rolle von Ultraschall, mechanischen Thoraxkompressionsgeräten und extrakorporaler CPR.

Erster Platz bei Veronika-Fialka-Moser-Diversitätspreis

Basic life support courses for refugees are feasible and induce awareness and commitment towards lay rescuer resuscitation in a new population group

Um die bewusste Auseinandersetzung mit Diversität an der Medizinischen Universität Wien gezielt zu fördern, vergibt die MedUni Wien den Veronika-Fialka-Moser-Diversitäts-Preis. Damit sollen Leistungen in diesem Bereich honoriert und Vielfalt sichtbar gemacht werden. Der Preis ist nach Veronika Fialka-Moser, Professorin für Physikalische Medizin, benannt, um ihre langjährigen Verdienste im Bereich Diversity Management an der MedUni Wien zu würdigen.

Der Erste Platz in der Kategorie Forschung erging an Puls-Mitglied Dr. Sebastian Schnaubelt (Univ. Klinik für Notfallmedizin MedUni Wien) und die Puls-Co-AutorInnen: 

  • Dr. Mario Krammel
    Chefarzt der Berufsrettung Wien, geschäftsführender Präsident Puls
  • Dr. Christoph Schriefl
    Univ. Klinik für Notfallmedizin MedUni Wien
  • Univ. Lektor Dr. Florian Ettl
    Univ. Klinik für Notfallmedizin MedUni Wien, Vorstandsmitglied Puls
  • Univ. Prof. Alexander Niessner
    Univ. Klinik für Innere Medizin II
  • Univ. Prof. Hans Domanovits
    Univ. Klinik für Notfallmedizin MedUni Wien
  • Priv. Doz. Dr. Patrick Sulzgruber
    Univ. Klinik für Innere Medizin II MedUni Wien, Teamleitung Wissenschaft und Forschung Puls

Summary:
Das Forschungsprojekt, das von Puls in Zusammenarbeit mit der MedUni und der Berufsrettung durchgeführt wurde, hatte das Planen, Etablieren und Durchführen von Basic-Life-Support-Kursen (Basis-Wiederbelebungskurse) für geflüchtete Menschen und deren wissenschaftliche Begleitung und Auswertung zum Inhalt. Es wurden ein Verein gegründet, Mitglieder angeworben und geschult, der Kontakt zu den jeweiligen (politischen oder anderen) Entscheidungsträgern gesucht, und ein wissenschaftliches Konzept erarbeitet.

Schließlich wurden etwa 200 geflüchtete Menschen (der Großteil in Unterbringungszentren) geschult und wissenschaftlich beobachtet. Durch die Gewinnung von Native Speakern der unterschiedlichen Sprachen und Beratern für die unterschiedlichen Kulturkreise und Heimatländer konnte eine Vermittlung der Inhalte und eine korrekte Auswertung von Fragebögen und Interviews für die wissenschaftliche Begleitung sichergestellt werden.

Das Abbilden einer Machbarkeit von Reanimationskursen einerseits, und deren nachhaltiger Impact auf die Bevölkerungsgruppe der Geflüchteten im Speziellen und auf die Gesamtbevölkerung im Allgemeinen waren die Hauptziele der Forschungsarbeit. Durch die geplante Publikation der Ergebnisse soll EntscheidungsträgerInnen eine Basis geboten werden, die Vermittlung von Gesundheitsfragen (und insbesondere die wichtige Kenntnis der Wiederbelebung) in der Gruppe der Geflüchteten und MigrantInnen zu etablieren. Hier kann sowohl der Gruppe als solcher zu mehr Selbstvertrauen und Problemlösungskompetenz verholfen werden, als auch deren Integration in die Gesamtbevölkerung gestärkt werden (Stichwort Flüchtling rettet einer/m zusammengebrochenen PassantIn das Leben).  

Hinweis:

Weitere Informationen zum Nachlesen finden Sie auf der Website der Medizinischen Universität Wien

Foto: Vizerektorin Michaela Fritz, Preisträger Sebastian Schnaubelt (c) Medizinische Universität Wien