Der „Wiener Weg“ der Lebensrettung wirkt

Im Rahmen des Kongresses der Österreichischen Gesellschaft für Notfall- und Katastrophenmedizin präsentierte der Verein Puls den „Wiener Weg“ zur Bekämpfung des plötzlichen Herztodes. In den vergangenen Jahren wurden wichtige Schritte gesetzt, um die Überlebenszahl nach plötzlichem Herzstillstand zu erhöhen – denn jedes einzelne Leben zählt. Zwei der Überlebenden waren auch beim Kongress vor Ort und erzählten von den Ereignissen, die ihr Leben prägten.

„Die Österreichische Gesellschaft für Notfall- und Katastrophenmedizin (ÖNK) widmet sich in ihren alle zwei Jahre stattfindenden Kongresses in umfassender Art und Weise rettungsmedizinischen Themen. Dazu gehört natürlich auch der „plötzliche Herztod“, sodass sich hier eine Brücke zu Puls – Verein zur Bekämpfung des plötzlichen Herztodes schlagen lässt. Wir sind dankbar und stolz, Puls als Partner bei unseren Kongressen dabei zu haben“, erklärt Prof. Wolfgang Schreiber, Kongresssekretär.

„Wir arbeiten als Verein nun bereits seit elf Jahren daran, sowohl die Verfügbarkeit von Laien-Defibrillatoren zu erhöhen als auch das Bewusstsein der Menschen zu verändern. Denn Helfen kann Jede:r – man muss es nur tun“, erklärt Präsident Prof. Harry Kopietz, PULS. „Ein Leben zu retten ist zudem auch für den Helfer oder die Helferin ein einprägendes Ereignis. Umso dankbarer bin ich, dass es auch Überlebende gibt, die ihre Geschichte öffentlich machen, denn diese Erkenntnis, dass jede Hilfe und jede Sekunde zählt ist einfach ungemein wichtig.“

Wenn jede Sekunde zählt

Wenn die Überlebenden erzählen, weiß man gleich, dass es eben darauf ankommt, wie schnell die richtigen Maßnahmen gesetzt werden. Inge S. beispielsweise bekam an diesem Tag Besuch von ihrer Freundin „Wir haben dann Kaffee getrunken und sie hat mir Fotos von den neugeborenen Zwillingsenkeln gezeigt. Während des Gesprächs bin ich scheinbar elegant vom Stuhl gerutscht … Selbst kann ich mich nicht mehr daran erinnern“, erzählt Inge. Nach vier Minuten war die Polizei als First Responder auch schon da und mit im Gepäck ein Defi. Die Polizisten starteten sofort mit der Wiederbelebung, bis sie an die eintreffenden Sanitäter der Berufsrettung Wien übergeben konnten. Gatte Uli, der viele Jahre für die UNO international tätig war, lobt den hohen Standard der Rettungsversorgung in Wien. „So etwas findet man weltweit sehr selten, da wurde ein großartiges System aufgebaut.“

Auch Stefan T. erzählt, dass er sich an die Ereignisse nicht mehr wirklich erinnern kann: „Meine Freundin und ich waren zu Hause und sind auf der Couch beim Fernsehen gesessen. Dann habe ich so komische Zuckungen bekommen. Meine Freundin war besorgt – dann bin ich wohl eingeschlafen.“ Als Stefan zu röcheln begann, wählte sie sofort den Rettungsnotruf 144 und wurde angeleitet, die Herzdruckmassage durchzuführen. Nach kurzer Zeit waren die Einsatzkräfte vor Ort und die Notärztin reanimierte weiter, bis Stefan wieder ansprechbar war.

Der „Wiener Weg“

Diese beiden Geschichten zeigen deutlich, wie wichtig schnelles und richtiges Verhalten sind. „Die Rettungskette bei Herzstillstand ist in Wien mittlerweile einzigartig und darauf bin ich sehr stolz. Neben der Wiener Berufsrettung sind auch Polizei, Feuerwehr und freiwillige Helfer:innen über die Lebensretter App eingebunden“, meint Dr. Mario Krammel, Chefarzt der Berufsrettung Wien und geschäftsführender Präsident des Vereins Puls. „Medizinisch gesehen wissen wir, dass in punkto Überlebenschancen bei einem Herzstillstand, der sich außerhalb des Krankenhauses ereignet, tatsächlich jede Sekunde entscheidend sein kann. Pro Minute ohne Hilfeleistung sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um zehn Prozent. Durch rasches Eingreifen eines Ersthelfers noch vor Eintreffen der Rettung könnten bis zu 70 Prozent der Betroffenen überleben. Im Notfall gilt daher: Rufen – Drücken – Schocken . Also Notruf 144 wählen, Herzdruckmassage ausüben und dann den Defi einsetzen. Man kann nichts falsch machen. Nur Nichtstun ist falsch!“

In Wien stehen neben den ausgebildeten Helfer:innen der Rettungsdienste wie auch von Feuerwehr und Polizei, die regelmäßig Schulungen absolvieren und Defis mitführen, an zahlreichen öffentlichen Standorten Laien-Defibrillatoren zur Verfügung. Dazu zählen beispielsweise Märkte, Einrichtungen von Wiener Wohnen, Defi-Telefonzellen, U-Bahn-Stationen und viele andere Möglichkeiten im öffentlichen Raum. Um auf diese Defi-Standorte aufmerksam zu machen, wurde ein eigenes Leitsystem kreiert, um die Sichtbarkeit zu erhöhen. Gleichzeitig wurde mit dem Definetzwerk Österreich eine Plattform geschaffen, auf die leicht zugegriffen und der nächste Standort ermittelt werden kann. Auch die Leitstellen greifen auf dieses Netzwerk zu, um im Bedarfsfall einen Helfer oder eine Helferin zum nächstmöglichen Defi zu lotsen. Zusätzlich wurden mit der Lebensretter-App die optimale Möglichkeit geschaffen, um noch schneller, Helfer:innen in der Nähe zu alarmieren. Mit Hilfe der App werden registrierte Ersthelfer:innen über einen Notfall in ihrer Nähe informiert. Die App führt sie direkt zu den betroffenen Personen.

Einen wesentlichen Baustein der umfangreichen Initiativen bildet aber auch das Schulen der zukünftigen Helfer:innen. In einer bis dato in Österreich einzigartigen Initiative hat die Stadt Wien entschieden, dass alle Kinder der dritten Klasse Volksschule eine Erste-Hilfe-Schulung erhalten und dies auch finanziert wird. Seit dem Vorjahr werden zudem auch in der fünften Schulstufe zusätzliche Schulungen umgesetzt. „Kinder nehmen diese Trainings sehr positiv auf und haben Spaß dabei – was sie neben den richtigen Maßnahmen aber vor allem lernen ist, dass man keine Angst davor haben muss, zu helfen. Man muss es nur tun“, erzählt Krammel.